Innere Oberfläche – Jenny Schäfer
12-05-2025 / Joshua Groß
In der Kunst von Jenny Schäfer geht es oft um Umstülpungen, Pervertierungen, Schlupflöcher. Schlupflöcher, durch die man dem Gewohnten entfliehen kann. Escaperouten aus den Sedimenten unserer gereizten Hirne. Naja. Es geht aber auch um das Ankitzeln und Provozieren unserer gereizten Hirne. Auf sanfte, auf radikale Weise. Damit wir uns der Reizung bewusst werden können. Damit wir kapieren, dass es oft eine Überreizung ist. Jenny Schäfer stiftet uns an, die stetige Aufruhr im Herzen nicht weiter zu unterdrücken.
In alltäglicher Beredsamkeit erschöpfen wir uns im Gewohnten, wir erschöpfen uns durch das Gewohnte.
Warum sind wir so gewöhnungsbedürftig?
Weil es den Wunsch nach Ankommen gibt. Aber wir meinen, verstiegen in Überreizung und Gewohnheit, Ankommen bedeute auch Zurückkehren. Zurückkehren in die Fassungslosigkeit des Früheren. In die Fassungslosigkeit, die wir uns warm erinnern. Aber weil das nicht möglich ist, dieses Zurückkehren, entstehen die schiefsten Auswüchse.
Zurückkehren geht nicht. Aber Zurückwahrnehmen.
Ja, das war doch einmal ich.
Und ich hatte ein Schutzbedürfnis.
Ich bin es doch noch immer, dieses große, erwachsene Kind, das gar nicht erkennen möchte, dass im Inneren die Angst nistet. Die Aberkennung der eigenen Ängstlichkeit verurteilt das Schutzbedürfnis, das uns eigen ist, und verspricht sich selbst Freiheit durch Aggression. Aber durch Aggression wird kein Ankommen stattfinden. Und unsere Erwartungen ans Zurückkehren (von denen wir oft gar nicht wissen, dass es Erwartungen sind) werden nie durch Aggression durchbrochen werden.
Ja, das war doch einmal ich.
Schutzbedürftig.
Ich bin es noch immer.
Und das, was ich einmal war, wandelt scheu mit mir. Mit seinen Oberflächen, die nicht an meine heranreichen. Mit seinen Oberflächen, die sich in mir verstecken. Mit seinen Oberflächen, die nach Aussöhnung rufen. Mit seinem Wunsch nach Zuwendung.
Ein Ruf von einer inneren Oberfläche zu einer äußeren. Von einem inneren Drang zu einem äußeren. Von einer inneren Erwartung zu einer äußeren.
Ein Herausdrängen, ein immer neues Herausdrängen aus dem Eigenen.
Ich folge dem Wunsch, anzukommen. Und ich versuche zu verstehen, wohin ich zurückkehren will. Damit ich beides nicht verwechsle. Damit ich mich immer weniger verirren muss.
Wir brauchen Schlupflöcher, um in uns selbst zu gelangen. Erst dann können wir Escaperouten entwickeln.
Für all das brauchen wir Höhlen.