Das Überschreiten einer Grenze

08-12-2019 / Felix Egle

“Power is an artefact. As designed as any object. And it´s ordinary. It does not flow from top down. [...] The closer we read the everyday world around us, the closer we come to understand the techniques, effects and consequences of power. And the more we zoom in we discover that we are not just exposed to power, we are it’s very modalities and instruments.” (*1)

Städtischer Raum wird über verschiedene Gesten planerisch organisiert und strukturiert. Einige der Funktionszuschreibungen städtischer Raumorganisation verdichten sich in Objekten und baulichen Strukturen, manche Elemente haben dabei diverse Funktionen andere haben eher monofunktionalen Charakter. Gebäudeaußenwände beispielsweise haben eine klimatische Funktion und sind statisch relevant. Sie schaffen einen Raum in dem weitere Räume arrangiert sind. Straßen ermöglichen Spazieren gehen, Verkehrsfluss, Stau, Märkte, Belüftung zwischen den Gebäudekörpern sowie Zufallsbekanntschaften. Brücken dienen oben als Bahntrasse und unten als Schlafstätte. Öffentliche Grünflächen ermöglichen Frisbeespiele, Picknicks und Hundehaufen. Sie tragen auch zur visuellen Vielfalt, Kühlung und Feinststaubbentlastung der bebauten Umwelt bei.

Die Organisation von Zugang und Nutzungsrecht von Flächen und Infrastrukturen ist eine der Hauptressourcen urbanen Alltags, manche Menschen haben mehr Zugang als andere, manche haben Schlüssel, andere nicht, manche stehen vor den Zäunen, andere dahinter. Zäune markieren Grenzen und sind objektförmige Gesten von Besitzanspruch und Ausschluss. Sie prägen Städte. Sie sind Entscheidungen.

 

Monofunktionale Strukturen, Zäune sind keine Wände

1. Zäune beschreiben ein Innen und Außen. Der primäre Sinn von Zäunen besteht in der bewusst unterscheidenden Konstitution von Intern und Extern. Häufig auch ohne eine weitere Funktion. Zäune sind primär bauliche Trennungen zur Justierung von Verhalten.
2. Zäune sind gestenhaft. Neben ihrer abgrenzenden Funktion kommunizieren zaunstrukturen Funktionen und Zulässigkeiten. Ein Zaun um einen Sportplatz hält die Bälle drin und davon ab Scheiben einzuschießen. Ein Zaun um einen Garten macht klar wem die Blumen und Karotten gehören. Ein Zaun um eine Villa macht klar wem der Pool gehört. Die gleiche Verhaltensjustierung kann mittels Stacheldraht, stromführender Kabel oder Maschengewebe forciert werden.
3. Zäune sind transparent. Transparenz und Höhe sind Modifikationsmomente. Häufig lassen Zäune Einblicke auf das Verwehrte zu und kommunizieren durch ihre Setzung Zugänglichkeiten.
4. Zäune sind proportional. Zäune stehen in einer direkten Beziehung zu den Proportionen, der durch sie begünstigten oder verhinderten Handlungen. Und den erhofften Verhaltensanpassungen der Akteure davor und dahinter. Ein Weidezaun erfüllt seinen Zweck durch in rhythmischem Abstand gesetzte Stäbe. Idealerweise orientiert der Rhythmus sich an der Größe der gefangen zu haltenden Tiere. Abstände von Strebe zu Strebe von 50cm reichen aus um Insassen ab einer Minimialgröße von 51cm in einem angesteckten Bereich zum Bleiben zu veranlassen bis die Entscheidung getroffen wird das Tor zu öffnen. Zaunformen, die für kletternde Primaten oder Vögel gedacht sind, müssen sich jeweils an deren Proportionen und Bewegungsarten orientieren. Grenzzäune richten sich an Menschen, die von einem Ort an einen anderen Ort gehen wollen; deren persönliches Profil dies aber verkompliziert. Die faktische Gestaltung und kommunikative Qualität des Zaunes changiert dabei zwischen kniehohen Gesten nachbarschaftlich-skeptischer Höflichkeit bis hin zu 3 Meter hohen mit Sprossen und Natodraht versehenen Grenzabsperrungen, die tiefe Wunden in die im Überwinden begriffene Hände zu reißen versprechen.
5. Zäune sind billig. In der Installation sind Zäune meist günstiger als Wände oder Mauern und latent temporärer. Zäune können in Modulen 2,5m x 1,25m bestellt werden und sind in Rollenform erhältlich. Häufig sind Zäune Bausätze und adaptiv auf den Kontext, in dem sie angebracht sind, anzupassen.

 

Urbane Interessenskonflikte

Ich began mich spezifischer mit Zäunen zu beschäftigen als in Zusammenarbeit mit dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) im Zuge der Social Design Ausstellung (30.3.2019 – 28.10.2019) eine Kooperation mit dem Drogenkonsumraum Drob Inn entstand. An diesem Projekt arbeitete ich gemeinsam mit dem Kollektiv ConstructLab zur unmittelbaren Umgebung des MKG und dessen potentiellen Ansprechpunkten für Social Design. Wir kartographierten zunächst wer wo welche Interessen verfolgt und welchen Beschäftigungen nachgeht. Das Drob Inn fiel dabei direkt und immer wieder auf. Der Park vor dem Gebäude scheint immer besucht und in Nutzung von einer Vielzahl an Personen.

 

(Photos Hamburg)
(Photos Hamburg)
(Photos Hamburg)
(Photos Hamburg)

 

Das Projekt Drob Inn

Im Drob Inn konsumieren 350 – 500 Menschen pro Tag illegale Substanzen unter medizinischer und sozialarbeitender Aufsicht. 100 Meter vom Hauptbahnhof gelegen und in unmittelbarer Nachbarschaft zum MKG versammeln sich hier Menschen in und auch vor dem Gebäude und warten, verbringen Zeit, schlafen, sprechen, streiten, essen, konsumieren, dealen. 80% der Besucher*innen sind wohnungslos und haben hier einen strukturierenden Treffpunkt innerhalb ihres Alltags. Sie nutzen den Raum aneignender als viele Menschen die innerstädtische Umgebung nutzen. Sie sitzen Stunden lang hier, trocknen Schlafsäcke und Kleidung an Zäunen, nutzen bauliche Nischen und Hinterschnitte als Orte zum Drogenkonsum und als Toiletten, schlafen auf dem Boden oder versuchen zu zelten (woraufhin die Polizei sie veranlasst dies nicht zu tun.). Der urbane Raum um das Drob Inn befindet sich in andauernder Überwachung, Aushandlung und Reorganisation.

Die baulichen Begebenheiten wurden in der Zeit ab 2002, als der aktuelle Standort des Drob Inn gefunden wurde, auf diese spezifische Nutzung angepasst. Hauptsächlich geschah dies durch Entfernung von Dächern, Sitzobjekten und Gefäßen, welche als Toilette dienen hätten können, aber nicht sollten. Subtraktion und Monofunktionalisierung charakterisieren die räumlichen Eingriffe. Hinterhöfe sind vergittert, Gebäudewinkel sind mit Standartbauzäunen zu Vollformen ergänzt worden. Eine Treppe neben einer Mauer wurde mit Sand überschüttet um ihre Funktion als Sitzstruktur und Windschutz zu entfernen.

Während meiner Recherche tauchte ein fahrig zusammengeklebtes Bündel Aluminiumprofile neben dem Eingang einer Versicherungsfirma auf, der eine kleine Nische mit Fahrradständer versperrt und seit 9 Monaten genau so impulsiv wie initiativ zusammen geklebt blieb. In der Nische riecht es nach wie vor nach Urin und Fäkalien.

Zäune und Gitter sind in der Gegend en vogue bei der Suche nach Möglichkeiten die sozialen Aushandlungen und Interessenskonflikte zu lösen und objektförmig zu artikulieren. Ihre Setzungen machen den Ort um das Drob Inn zu einer Ansammlung explizit unöffentlicher Flächen. Die an den Flächen interessierte Teil-Öffentlichkeit der Drogenkonsumierenden hat hier einen so abweichenden Lebensstil, dass andere Nutzende ihre Zonen versperren um ihrer Idee von angemessener Stadtnutzung und angemessener Organisiertheit entsprechen zu können. Der soziale und gestalterische Konflikt urbanen Zusammenlebens, oder eher Nebeneinanderherlebens, unterschiedlicher Nutzungen von Stadtraum in Nachbarschaften und der auf urbane Anonymität folgenden Grenzziehung spiegelt sich hier und an vielen anderen Orten in Zäunen und Gittern wieder.

 

London und Amsterdam

In der frühen Phase des Projekts mit dem Drob Inn reiste ich nach London um einen Freund zu besuchen. Hier fand ich das Phänomen der urbanen Enklaven noch deutlicher verdichtet vor. Die Bandbreite an Formen und Einsätzen von Gittern, Maschen, Zäunen und Barrieren als raumgliedernde Elemente einer funktionsgetrennten, dichtbesiedelten urbanen Zone war erstaunlich. Eine Serie von beiläufigen Photographien entstand.

 

 

(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)
(Photos London)

 

 

Die ästhetischen (meint sinnlich wahrnehmbaren) und ornamentalen Charakteristika der Zäune haben gestenhaften und ornamentalen Wert. Anders als um das Drob Inn herum wurden in London nicht zumeist standardisierte Gitterzäune eingesetzt und hier und da dem Gebäudestil oder der Baukörperform angepasst oder mit einer Sägezahnoptik gekrönt. In wesentlich adaptiverer Weise wurden spezifische Typen für die jeweiligen baulichen und sozialen Begebenheiten entwickelt. Rohre, in der Länge gespalten wurden zu floralen Kränzen arrangiert, Stahlkastanien geschweißt und aufgereiht oder Wände durch Hinweise auf molekulare Lösungen und Warnschilder ergänzt. Irgendwo zwischen Funktionalismus, der an militärische Disziplinierung erinnert und dekorativen Tendenzen, die mit Aggression angereichert wurden. Lange sich drehende Spieße aufgereiht um die Queen, die Banken, die Wohnhäuser und Restaurants, die Hotels, Hintertüren, Shops, Baustellen, Schulen, Kitas und Spielplätze sicher zu machen. Sicher vor dem Betreten der Anderen.

AntiVandal Paint und AntiClimbing Paint sind weniger Zäune als Behauptungen einer zaunartigen Funktion. Die gespaltenen Rohre neben dem Warnungsschild “Elektroschocks ins Herz” stellen drastische Folgen in Aussicht, sollten sie ignoriert werden. Es bleibt unklar, ob wirklich eine nanotechnische oder molekulare Innovation AntiClimbing Paint hervor gebracht hat.

Das Objekt Zaun und Gitter verhindert all das Verhalten, dass nicht gewünscht ist am Ort über den eine kleine Menge an Menschen verfügt. Natürlich möchte die Kita nicht, dass im Sandkasten Spritzen liegen, weil Drogenkonsumierende keinen anderen Ort finden als den Innenhof um zu spritzen. Sie vergittern den Innenhof zu einem Käfig, in dem die Kinder sicherer sind, sodass die Menschen mit Konsumdruck weiter suchen – nur nicht hier.

 

(Photos Amsterdam)
(Photos Amsterdam)

 

Freiwillig Gefangene zwischen Good und Bad

Der niederländische Journalist, Screenplay-Schreiber und Architekt Rem Kohlhaas schloss 1972 sein Architekturstudium an der Architectural Association London mit dem Projekt Exodus ab. Der volle Titel der gemeinsamen Arbeit mit Madelon Vreisendorp und Elia und Zoe Zenghelis war Exodus. Or the voluntary prisoners of architecture. In einem fiktiven Szenario für London wird in Anlehnung an das damals geteilte Berlin eine Stadt beschrieben, die in Good und Bad in Zonen aufgeteilt werden. Eine Wand definiert den good part und trennt diesen vom Rest ab, schafft Begehrlichkeiten. “the wall was a masterpiece”. (*2)

Innerhalb der Good Zone verdichten sich die Symbole zu einem dekorativen Delirium. Alle wollen in diese Zone und nicht Außerhalb sein. Die Wand, die Trennung, die Grenze macht das Empfinden des Unterschieds für ein Good und Bad erfahrbar und schmerzhaft spürbar. “Those trapped, left behind in the gloomy bad half, became obsessed with vain plans to escape, hopelessness reigned supreme on the wrong side of the wall.” Die räumliche Tatsache der Wand und die fiktive Übergangszone in Form eines Empfangstresens für den Exodus aus der Bad Zone in die Good Zone führt werden zugleich zum Moment der Hoffnung als auch zum Scheideweg, Good or Bad, In or Out, Here or There.

Das Projekt Exodus beschreibt eine räumliche Zusammensetzung der Good Zone als Ort, an dem Zeitverschwendung möglich ist, Emotionen und auch Wut einen Platz finden und alles überquillt vor Information und Gehalt. Die Wand als bewusstes Schaffen von Innen und Außen verdichtet die Narrative von Begehrlichkeiten und Mangel als Produkt der Kontraste von Haben und Nicht-Haben. Das Einhegen von Ressourcen und deren räumlicher Entzug aus kollektiver Nutzung schafft die Idee der Knappheit und stellt vor die Entscheidung auf welcher Seite des Zaunes welche Werte verkörpert werden.

Wände und Zäune sind Besitzzuschreibungen und Erlaubnisse zu urbanen Möglichkeiten, Handlungsweisen und Ressourcen. Sodass ein Teil der Gemeinschaft sich Gestaltungsmacht über einen Bereich verschafft über den der andere Teil der Gemeinschaft nicht verfügt oder gerade durch die Nutzung durch die Ersteren die weitere Nutzung der Letzteren ausgeschlossen wird.

Dieses Phänomen der funktionalen Trennung scheint an vielen Stellen selbsterklärend normal und sinnig zu sein. Wenn das Gemüse geerntet werden soll, sollte darauf geachtet werden, dass keine Kaninchen das Gemüse essen. Wieso aber Büroflächen nachts leer stehen während Menschen auf der Straße erfrieren stellt eine andere Frage.

In einer Kettenreaktion produzieren mono-funktionalisiert und kontrolliert abgesperrte Bereiche Mängel und Begehrlichkeiten und werden zum Anlass für weitere Gitter um Ausweichbewegungen, der den Zaun konstituierenden ungewünschten Nutzungen zu verhindern. (*3) Der Raum gliedert sich entlang kontrollierender Funktionszuschreibungen und differenziert die Stadtgesellschaft entlang ihrer Zugangsoptionen. Der Antropologe James Holston beschreibt den Zustand der restriktiven Abstriche von Bürgerrechten mit dem Term Differentiated Citizenship. (*4) Im Kontrast zum vollen Zugriff auf bürgerliche Rechte innerhalb einer Demokratie beschreibt die Differentiated Citizenship eine selektiv angepasste bürgerliche Identität mit entweder verringerten oder privilegierten Zugangs- und Handlungsoptionen. So kann man sich in eine Gated Community einmieten und hat dadurch Zugang zum Ressort und den Ressourcen. Ebenso beschreibt der Term Ideen einer hautfärbungs- oder herkunftsbezogenen Anpassung der Zugangsmöglichkeiten zu sozialen, kulturellen oder akademischen Ressourcen, welche auch formgebend für bauliche Eingriffe in die urbane Realität sind. Zum Beispiel – Zäune.

 

Enclosures und Commons

Ab dem 13. Jahrhundert wurden in England die Commons, gemeinschaftlich genutzte Land- und Weideflächen, im Zuge des Enclosures Movements nach und nach privatisiert. Um 1600 herum fand eine Woge der Enclosures statt. Auf dem Weg zum industriellen Kapitalismus und den mit ihm einhergehenden Vermarktungen von Arbeitskraft und urbaner Zentralisierung spielte die Einzäunung kollektiv verfügbaren Weidelands wohl eine entscheidende Rolle. Je mehr der Commons hinter Zäunen lagen und Land verknappt wurde, desto näher lag der Schritt zur Lohnarbeit und der Vermarktung der eigenen Arbeitskraft innerhalb später zum Kapitalismus führenden Strukturen zu suchen.

Die Geschichte um die Krise der Commons (in England), Allmenden (im deutschsprachigen Raum), Usi Civici (im italienischsprachigen Raum), Jedermannsland (in Skandinavien) oder des Vacant Lands, Voids und kollektiv nutzbaren Grund und Bodens ist auch die Geschichte des Zaunes.

Heute wie damals beschreiben Zäune einen Besitzanspruch; heute auch eine Vertrauenskrise innerhalb urbaner sozialer Kulturen.

“If urban ordering is an ongoing process, what is then the role of urban ordering mechanisms?” (*5)

Sie machen Grenzen manifest, die in erster Linie organisatorischer Natur sind.

Der Architekturtheoretiker Piet Vittori Aureli beschreibt in Anlehnung an ein anderes Projekt von Rem Kohlhaas City of the Captive Globe, dass kontinuierliche Verdichten der baulichen Trennungen als entscheidendes Element und Faktor in der Stadtgenese.

Je mehr Wände und Zäune geplant und gestellt werden desto mehr Entscheidungen werden normiert und vorformuliert. Das Netzwerk an Trennungen formuliert einen Großteil dessen was Stadt ausmacht. Trennungen werden zu einer eigenen Infrastruktur. Die Tradition des privaten Besitzes und der Strategien der Enclosures zu seiner Sicherung wirken wohl selbstverständlich oder unausweichlich. Je mehr Trennungselemente, desto abgeschirmter und inselartiger werden die einzelnen Entitäten urbaner Realität. Der Raum wird vorsorglich reguliert, bevor nachträglich bestraft werden muss. (*6) Die Kontrolle findet materiell durch funktionale Trennung statt. So wird eine Formulierung des Anliegens auf Zugang von vorn herein ausgeschlossen. Es werden Tatsachen geschaffen, die keiner Worte bedürfen und Reibungen verhindern. Die Stadt wird praktikabel.

Im Kontrast müsste man sich vorstellen jede*r Kapitalhalter*in müsste immerzu verteidigen und erklären wieso diese Möbel, diese Bücher, dieser Induktionsherd oder iMac ihnen und nicht auch den anderen gehören sollte. Extrem anstrengend und unsicher.

 

Aushandlung statt Zaun – urbane Commons?

Die Installation eines Zaunes spart vor allem eines: Aushandlung. Das Nebeneinander sehr verschiedener Interessen und Funktionen wird durch den Zaun möglich und manifest.

Die Idee des Weglassen eines Zaunes wirft so eine ganze Reihe Fragen auf: Wem gehört eine zugängliche Fläche? Der Öffentlichkeit? Und wer haftet für eine Fläche ohne Zugangsbeschränkungen? Semipermeable Grenzen stellen andere Herausforderungen an Besitzer*innen und Nutzer*innen eine Ortes. Es muss gesprochen, um Erlaubnis gefragt, nachgehandelt und ausdiskutiert werden.

Den Kümmerer*innen wird so eine Menge abverlangt, was Offenheit und Flexibilität gegenüber Nutzungen, welche nicht im primären Interesse dieser stehen. Die Nutzer*innen wiederum sind mit einer völlig anderen Verantwortlichkeit dem Raum gegenüber versehen, wenn es sich weder um öffentliche Flächen handelt, die von der Kommune sauber gehalten werden, noch um eine private Fläche. Urbane Commons müssen immer wieder neu über ihre soziale Rolle reflektieren. Es zählt weniger die Besitzstruktur als das Sein und Handeln am Ort. Die Diskussion um Grenzen und Zäune im Bereich der Commons ist eine der Schlüsselfragen, der sich die Commons stellen müssen. Wer hat wann Zugang zu welchen Ressourcen und wie wird der Umgang mit den gegenläufigen und andersartigen Interessen strukturiert und gedacht?

Und welche Grenzformate bieten sich an um solche Beziehungen und Bezüge zu denken und wie können sie organisiert werden? In der Permakultur werden Grenzen als Austauschzonen verstanden, welche so groß und fließend wie möglich gedacht werden sollten um eine Durchmischung an den Grenzzonen zu ermöglichen. Der Zaun hat zumindest schonmal den Vorteil, dass man davor oder dahinter miteinander sprechen und sich streiten kann.

 

………………

 

(*1) Volume #5, Architecture of POWER Part 1, Archis+AMO, Amsterdam, S. 2  

(*2) Exodus, or the voluntary prisoners of architecture, Rem Kohlhaas, Madelon Vreisendorp, Elia Zenghelis, and Zoe Zenghelis, AA London,Thesis, 1972, aufgerufen: 
http://socks-studio.com/2011/03/19/exodus-or-the-voluntary-prisoners-of-architecture/

(*3) Vgl. Auch: Design der Knappheit Jon Goodbun, Andreas Rumpfhuber, Michael Klein, Jeremy Till, Adhocs, 2018

(*4) James Holston, Participation, the Right to Rights, and Urban Citizenship, für die Tagung “Urban Democray and Governance in the Global South Institute for International and Regional Studies, Princeton University, 7- 8 Nov 2008”

(*5) Stavros Stavrides, Commoning Space, City as Commons, Zed Books, London, 2016 S.14 

(*6) ebd. nach Holston, 2008